Nahaufnahme eines grünen Auges.

Kompensationsmuster und ihre Wirkungsweisen speziell auf das Sehen

Viele Patienten sind erstaunt, wenn ich bereits bei der Erstuntersuchung Augentests durchführe. Der für sie nicht so offensichtliche Zusammenhang zwischen dem Sehen und der Chiropraktik erklärt sich aus dem Anspruch, mit Justierungen eine ungestörte Funktionsweise des kompletten Nervensystems herzustellen. Diese aus unserer Sicht ideale Ausgangsbasis für ein gesundes Leben wird aber verhindert, wenn sich strukturelle Probleme manifestieren und beispielsweise eine chronische Fixierung von Wirbeln vielfältige Ausgleichsleistungen des Körpers nach sich ziehen. Diese dienen als Übergangslösung, um eine Fehlstellung zu kompensieren, bis sie wieder behoben ist. Schafft der eigene Körper diese Leistung nicht von allein, führen diese Kompensationsmuster häufig zu den unterschiedlichsten Beschwerden. Ob Verdauungsstörungen oder Migräne, in der Chiropraktik gehen wir von einer chronifizierten Strukturproblematik aus. Sie wirkt über das Spinalnervensystem in den kompletten Körper. Der Informationsfluss zwischen Nervensystem, Gehirn und Organen wird gestört.

In der Folge gibt es aus meiner Erfahrung zwei dominante Bereiche, die zeigen, welche Ausrichtung und Kompensation der jeweilige Patient aufweist: die Füße und die Augen. Sie sammeln gewissermaßen alle Informationen und geben dem geübten Chiropraktiker deutliche Hinweise.

Anatomischer Zusammenhang von Fehlstellungen und Sehen

Anatomisch besonders relevant für das Sehen ist das Atlaskopfgelenk. Über dem Atlas sitzt der Occiput (Hinterhauptknochen), der in seinem Verlauf nach vorne, ungefähr in der Mitte des Schädels, eine gelenkartige Struktur mit dem Sphenoid bildet. Letzteres ist u.a. über die Schläfen ertastbar und stellt innen einen Großteil der Knochenstruktur für die Augen.

Bei einer Verkippung des Atlaskopfgelenks verändert sich auch die Stellung des Occiput. In der logischen Fortsetzung führt dies zu einer Verdrehung des Sphenoid. Im Ergebnis stimmt damit die Aufhängung der Augenmuskulatur nicht mehr und der Sehnerv kann davon beeinträchtigt werden. Der wiederum ist direkt mit dem Gehirn verbunden – also wird bereits deutlich, wie wichtig hier eine ungestörte Struktur ist. Liegt eine Verdrehung dieser Struktur vor, bekommt häufig zunächst die motorische Ausrichtung der Augen Probleme, die diese kompensieren müssen. Nervenstränge, die durch den Sphenoid-Knochen laufen, werden ggf. durch die Verdrehung auch komprimiert und stehen unter Druck. Also müssen nicht nur die Augen, sondern auch die Sehnerven kompensieren.

Erschwerend kommt hinzu, dass unsere dreidimensionale Wahrnehmung im Kern eine Leistung unseres Gehirns ist, speziell des Teils, der hinten am Schädel liegt, sozusagen unter dem Occiput. Ist aber der Occiput verdreht, entsteht Stress, der auf die darunterliegende Hirnhaut und damit auch auf die Gehirnstrukturen darunter, u.a. das Sehhirn, wirkt. Im Ergebnis kann sich eine Fixierung des Atlas auf die Fähigkeit, sich im Raum zu orientieren, auswirken. Darüber hinaus wird eine derartige Atlassubluxation in der Gesamtstatik in der Regel auch über das Becken kompensiert und kann so zum Beispiel zu einer Beinlängendifferenz und Anpassungen bis in das Fußgewölbe führen.

Wir haben es hier also mit einer äußerst komplexen Problematik zu tun:

  1. Biomechanisch über den Strukturzusammenhang Atlas/Occiput/Sphenoid
  2. Eine Auswirkung auf die Gesamtstatik des Systems z.B. über das Becken und die Füße

Das fordert dem Körper schon Einiges bei seiner reflektorischen Ausrichtung über die Horizontallinie ab. Es addieren sich eine motorische, eine nervale und eine Verschaltungsproblematik der Augen. Das ist vor allem deshalb schwierig, weil unsere Augen als „Jäger und Sammler“ unser Hauptorientierungssinn sind.

Um die Kompensationskette zu durchbrechen, nutzt die Chiropraktik Impulse – mit dem Ziel, dem System sozusagen wieder beizubringen, wie die Abläufe richtig funktionieren. Es soll lernen, wie seine normale Position und Wirkweise aussehen könnte. Bei Störungen der Sehleistung arbeite ich dann gezielt mit Augenoptikermeistern zusammen und nutze die Möglichkeiten der Optometrie. Denn wenn eine solche Störung früh auftritt und der Körper nicht mehr weiß, welches Auge dominiert, dann schaltet er mitunter eines der beiden als Informationslieferant einfach ab. Ist ein Auge einmal abgestellt, ist es relativ schwierig, es wieder zu aktivieren. Die bekannte Abklebe-Therapie funktioniert aus meiner Erfahrung einigermaßen, aber bei manchen reicht das nicht aus. Teilweise bleiben Schwierigkeiten, z.B. im dreidimensionalen Sehen, bestehen. Auffälligkeiten, die auf eine Störung in diesem Bereich hinweisen können, sind beispielsweise schwankende Sehstärken. Sie fallen bei Standardsehtests in der Regel nicht auf, da diese nur eine Momentaufnahme darstellen. Also braucht es eine sehr genaue, regelmäßige und kontrollierte Untersuchungsserie der Sehstärke. Die meisten Patienten spüren bereits, dass sie ein Problem an den Augen haben, können es aber nicht identifizieren. Eine Besonderheit sind dabei kleine Kinder, die noch keine Vergleichsmöglichkeit ausbilden konnten.

Neben schwankenden Sehleistungen zeigen u.a. der Augendruck sowie tränende oder brennende Augen häufig an, dass eine Störung vorliegt. Im Zusammenspiel aus Chiropraktik, die mechanisch, nervlich und reflektorisch ansetzt, und Optometrie, die Sehhilfen sowie -trainings einsetzt, kann die Funktionalität der Augen oft deutlich verbessert werden. Wichtig ist das koordinierte Vorgehen und natürlich, dass z.B. eine Sehhilfe genau auf die Problematik abgestimmt ist. Dazu gehört auch, dass ich die Patienten ausreichend begleite und geplant aus den erlernten Mustern herausführe. Denn wenn das System nicht in der Lage ist, sich räumlich neu zu orientieren, entsteht häufig immer wieder eine Unwucht und eine Ungleichheit in der reflektorischen Ausrichtung und der Patient ist versucht, ganz schnell in seine alten Muster zurückzufallen. Bei biomechanischen Augenproblemen ist die Behandlung mit Chiropraktik und Optometrie für mich daher die ideale Kombination.

Übrigens: In unserer Praxis arbeiten wir in diesem Bereich mit dem Augenoptiker Marc Kätsch (www.blickpunkt-optiker.de/blickpunkt-lusanum) und der Optometristin Kadhiga Neuberger (augen-blick-mal.com) zusammen. Sprechen Sie uns bei Fragen gerne an.