In meine Praxis kommen regelmäßig Patienten, die bereits Erfahrungen mit Kortison-Therapien gemacht haben – sowohl positive als auch negative. Natürlich fragen sie mich dann auch nach meiner Meinung. Daher habe ich verschiedene Studien und Untersuchungen durchgesehen, um die Argumente einmal ganz unabhängig von meiner eigenen kritischen Haltung zusammenzustellen.
Um was geht es eigentlich?
Kortison-Injektionen – genauer Spritzen mit kortisonähnlichen Glukokortikoiden – bekommen häufig Patienten mit z.B. Arthrose in Knie oder Schulter, einem Bandscheibenvorfall, einem Impingement-Syndrom in der Schulter o.ä. Injiziert wird direkt in das betroffene Gelenk, meist mit dem Ziel der Schmerzlinderung.
Damit haben sich bereits viele wissenschaftliche Studien und Fachgesellschaften, wie die Osteoarthritis Research Society International oder das American College of Rheumatology, beschäftigt. So betonten die Experten der Medizinischen Hochschule Hannover, der Schön-Kliniken und weiteren Instituten, dass Kortison einen positiven Effekt auf Gelenksschmerzen haben könne, sofern nachweislich eine Entzündung im Gelenk vorliege und es sich nicht ausschließlich um Gelenkverschleiß handele. Jedoch sei auch dann nur von einer kurzfristigen Linderung der Schmerzen auszugehen, die nur wenige Wochen anhalte. Ähnlich bewertet z.B. das Arthose-Journal den Einsatz von Kortison-Injektionen. So könnten sie als schnelle und gezielte Therapie-Option dienen, um Schmerzen bei arthrotischen Gelenken zu reduzieren. Die „entzündungshemmende und immunsupressive Wirkung“ des Kortisons stellt auch das Gesundheits-Lexikon in den Vordergrund. Eine Studie der Deutschen Röntgengesellschaft geht einen Schritt weiter und bewertet gezielte Kortison-Injektionen bei Patienten mit chronischen Rückenschmerzen als effektive Schmerztherapie.
Andere Untersuchungen dagegen stellen die Risiken von Kortison-Behandlungen heraus. So kommt eine 2017 veröffentlichte Studie des Tufts Medical Center in Boston zu dem Ergebnis, dass sich Kortison-Injektionen nicht positiv auf das Schmerzempfinden auswirken würden und bei Arthrose-Patienten den Gelenkverschleiß sowie den Abbau des Knorpels beschleunigen können. Weitere Untersuchungen weisen z.B. auf ein erhöhtes Infektionsrisiko hin, da durch die Injektion Bakterien von der Haut direkt in das Gelenk gelangen könnten. Die möglichen Folgen reichen von schweren Entzündungen bis hin zu Amputation oder sogar Tod. Bei Kortison-Injektionen in die Wirbelsäule sei das Risiko besonders hoch: Bei einem von 75 Patienten träten nach einer Injektion von Kortison Gelenksinfektionen auf. Ein weiterer oft benannter Risikofaktor ist laut Studien die Schwächung der Immunabwehr sowie die Beeinflussung des Cortisolsystems und damit der Stressreaktion des Körpers. So greife Kortison in den Cortisolhaushalt ein, was dazu führe, dass sich das Cortisolsystem erst nach bis zu vier Wochen vollständig regenerieren könne. Bei akutem Stress könne das schlimme Folgen haben, da die für eine gesunde Stressreaktion notwendige Ausschüttung von Cortisol nicht mehr ausreichend funktioniere.
Vor diesem Hintergrund spricht die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) davon, dass Ärzte hinsichtlich des Einsatzes von Kortison-Injektionen vermehrt ein Problembewusstsein entwickelt haben. Passend dazu berichtet das Institut für medizinische Statistik IQVIA, dass Orthopäden inzwischen weniger Kortison-Injektionen geben. So habe sich die Anzahl der Kassenpatienten, denen von Orthopäden Kortison injiziert wurde, zwischen Dezember 2016 und November 2017 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 5 Prozent reduziert.
Und was nun?
Wichtig ist natürlich eine umfassende Anamnese und Diagnose, um herauszufinden, was einem Patienten genau fehlt und welche Therapie vor diesem Hintergrund hilfreich sein könnte. Dazu gehören neben der Auswertung von z.B. MRT- oder Röntgenbildern sowie Blutwerten für mich auch umfassende chiropraktische Tests und Untersuchungen sowie ein ausführliches Anamnesegespräch. Auf dieser Basis kann ich mir ein umfassendes Bild von dem Gesundheitszustand meiner Patienten machen, um so einen individuell passenden Behandlungsplan zu entwickeln. Dabei mag es auch Fälle geben, in denen Kortison-Injektionen angebracht sind – dies zu beurteilen, überlasse ich den entsprechend ausgebildeten Experten in meinem Netzwerk, die ich bei Bedarf hinzuziehe – das Einverständnis meiner Patienten natürlich vorausgesetzt.
Da dies nur ein kleiner Auszug aus der Studienlage zum Einsatz von Kortison-Injektionen ist, können mich Interessierte bei Fragen jederzeit gern ansprechen, um im persönlichen Gespräch weitere Informationen zu bekommen.